Ziel war in 5 Tagen von Zuhause nach Herbstein zu kommen. Die Streckenlänge richtete sich letztendlich sehr nach den Unterkünften, die ich vorher fest gemacht hatte und zwischen 22km und 45km. Durch das Gepäck hieß es in erster Linie Schritt gehen, aber dadurch, dass ich sowieso den ganzen Tag Zeit hatte und auch lange Strecken gelaufen bin, war das, obwohl ich sonst wirklich kein Schrittreiter bin, kein Problem. Vor Höhenmetern hatte ich keine Angst, denn Zuhause sind wir durch die vielen Täler einiges gewohnt.
Am ersten Tag waren es gut 35km mit vielen Höhenmetern, aber zum Großteil bekannter Strecke und schönen Wegen. Angefangen mit der Durchquerung unseres schönen Mühlbachtales. Außer einem Stück Hauptstraße und einer Durchquerung einer Kleinstadt und einem Zwischenstopp bei einem REWE-Markt mit Bäcker, hatten wir viele schöne Wege und Einsamkeit. Allerdings mussten wir eine Baustelle queren: quer über die Felder wurden Rohre gelegt. Der Graben dafür war schon gebaggert, die Rohre lagen daneben und das über eine lange Strecke. Das Problem war aber, dass wir auf die andere Seite der Baustelle mussten, um weiter zu können. Es half alles nichts, wir mussten an der Baustelle entlang bis zur nächsten Straße, um dann an der Baustelle vorbei zu kommen. Das war nicht schlimm und wir hatten ja Zeit, aber schon nervig, wenn man den Weg, auf dem man weitereiten möchte, sieht, aber nicht ohne weiteres dort hinkommt. Kurz vor unserem Tagesziel kamen wir an einem Steinbruch vorbei und Almi wollte erst nicht glauben, dass es tatsächlich so große Maschinen gibt. Beim Überqueren einer schmalen Brücke, die zwar stabil war, aber teilweise Gitterboden hatte, war er der Mutigere und ging vor.
Am Tag darauf sah es wegetechnisch schon anders aus. Die Feld- und Waldwege wurden weniger, dafür war das Fahrradwegnetz ganz gut. Wobei Schritt reiten auf einer 33km langen Strecke mit vielen Teerwegen oder „Waldautobahnen“ nicht ganz so schön ist. Die erste Autobahnunterführung stand an, war aber problemlos, die Wege durch Dörfer wollten gefühlt nicht aufhören, man merkte eben schon, dass es nicht mehr ganz so ländlich war. Dafür waren die Höhenmeter für unsere Verhältnisse überschaubar, aber die Landschaft bei weitem nicht so schön und abwechslungsreich wie Zuhause.
Am 3. Tag wurden die Fahrradwege noch häufiger, die Straßen befahrener, die Feld- und Waldwege weniger und der Müll an den Straßenrändern mehr. Weil ich einen Abstecher in einer Apotheke machen musste und zumindest online nur eine in Usingen zu finden war, ging es mitten durch Usingen, um zur Apotheke zu kommen. Vermutlich sind wir noch nie so oft fotografiert worden, wie an dem Tag, wir waren eine riesen Attraktion. Als wir Usingen durchquert hatten, ging es durch ein nettes Wiesental gefühlt 15km geradeaus, dann unter der A5 durch. Es war eine kleine Unterführung, der Weg ein Wirtschaftsweg. Die Unterführung war so lang, dass sie einem Tunnel glich und gefühlt nie enden wollte, durch die Autobahn dröhnte es in der Unterführung mächtig, dann führte unser Weg durch den Stadtwald, an der Stadt vorbei und wir waren am Etappenziel nach gut 36 km angekommen.
Der vorletzte Tag sollte die kürzeste Strecke mit nur 22km sein mit wenigen Höhenmetern, anders hatte es mit den Unterkünften aber nicht gepasst. Dafür hatte ich gesehen, dass es einige kleine Seen auf dem Weg gab und wollte dorthin Abstecher machen, wir hatten ja schließlich Zeit. Wäre es nur nicht so nass gewesen. Wir nutzten Wege zwischen abgeernteten Feldern und es war so platt, als wären wir in Holland. Erst wunderte ich mich, was die Blondies immer vom Boden klauten, bis mir klar wurde, dass die Felder Kartoffelfelder waren und auf den Wegen mehr als genug Kartoffeln langen. Dass Pferde rohe Kartoffeln fressen, war mir bis dahin auch nicht bewusst und bis auf die eine oder andere geklaute Kartoffel, mussten die Blondies die Köpfe oben halten. Die Mittagspause in einem keinen Hüttchen an einem See war super schön, aber wir waren viel zu früh oder unsere Strecke zu kurz. Danach folgte die Unterquerung der A45 und über nette Wege und den Durchritt eines Dorfes waren wir schon am Nachmittag am Ziel auf dem Frondelhof.
Der letzte Tag war mit Abstand der nasseste, wobei wir die Tage davor auch schon ordentlich gewässert wurden. Der Besitzer des Frondelhofes, selbst Wanderreiter, gab mir den Tipp, sollte ich Zeit haben, den Umweg durch`s Eicheltal zu nehmen und dieser Tipp war Gold wert. An dem Tag waren es knapp 45km mit vielen Höhenmetern auf dem Papier oder besser Bildschirm, gefühlt ging es aber bis auf die letzten Meter zum Hoherodskopf nur leicht bergauf und das aber eben über Stunden. Zu Beginn nutzten wir Feldwege, dann kreuzten wir kleine Dörfer, um in das besagte Tal zu gelangen. Schon die Dörfer waren klein und nett, viel Fachwerk und Sprüche an den Hauswänden, die Leute trotz des nassen Wetters alle gut gelaunt und freundlich. Das Tal war super schön, die Wege toll, leider war es vor allem eins an diesem Tag: nass. Die Landschaft war super schön, aber offener als bei uns. Dreht man sie bei uns zuhause in einem Tal 3x im Kreis, weiß man im schlimmsten Fall nicht mehr, wo man hinmuss. Das war dort überhaupt nicht der Fall. Auch die Weidetiere wurden wieder mehr, davon hatten wir die Tage davor wenig gesehen. Rinder, Esel, eine ganze Horde Ziegen, Schafe, Haflinger, im Dorf Hühner….also wieder typisch Land. Als ich aus dem Wald kam, standen wir vor einem Berg, besser gesagt, es war nur zu erahnen, dass es ein Berg sein musste, weil es so unglaublich neblig war. Weil abgesehen von der Straße keine Wege erkennbar waren, schlängelte ich mich kurz entschlossen am Rand der Skipiste entlang bis hoch auf die Spitze. Danach wurde es wieder bewaldeter, aber „normale“ Waldwege waren irgendwie Fehlanzeige, also nutzte ich erst einen Wanderweg Richtung Taufstein, dann ging es weiter über die Langlaufleupen. Die letzten 10km ging es leicht abschüssig und gegen Abend hatten wir unser Ziel, den Reitverein in Herbstein, wo die Blondies die nächsten Tage wohnen sollten erreicht und Thorsten und Joy kamen dorthin nach.
Die Strecke war super abwechslungsreich und wir hatten mehr oder weniger alles dabei. Und ich weiß jetzt, dass ich zum Reiten definitiv nochmal Richtung Vogelsberg muss. Landschaftlich und von den Wegen her, war die Strecke am letzten Tag mit Abstand die schönste, wobei es natürlich auch sein kann, dass ich die wirklich schönen Wege an den anderen Tagen nicht gefunden habe. Ohne den Tipp eines Wanderreiters hätte ich den Umweg durch das Tal nämlich auch nicht gewählt.
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