In unserer täglichen Arbeit treffen wir immer mal auf Pferde, die es nicht oder nur schwer tolerieren, dass ihre Hufe bearbeitet werden. Marie Heger hat hierletzt, wenn auch in einem anderen Zusammenhang ,einen sehr wahren Satz gesagt: "Es ist nicht: Der hat keinen Bock - das Pferd versucht in dem Moment sein Leben zu schützen."
Genauso ist es auch beim Hufe bearbeiten. Ein Pferd ist und bleibt ein Fluchttier in unserer Menschenwelt, mit der es zurechtkommen muss. Die Aufgabe des Pferdebesitzers ist es, dem Pferd unsere Welt zu erklären, damit es in dieser stressfrei zurechtkommt. Dazu gehört auch, dem Pferd nahe zu bringen, dass Hufe bearbeiten nichts Schlimmes ist und der Hufbearbeiter ein Freund und kein pferdefressendes Monster ist. Die Gründe, warum ein Pferd Probleme hat, sich die Hufe bearbeiten zu lassen, können vielfältig sein, lassen sich in den allermeisten Fällen aber mit Geduld und Training lösen. Dabei liegt die Hauptaufgabe allerdings beim Pferdebesitzer und der Hufbearbeiter ist nur ein Baustein des Trainings. Es ist nicht Sinn und Zweck der Sache (und auch nicht seine Aufgabe), das Training auf den Hufbearbeiter abzuwälzen, denn schaut man genauer hin, ist die Problematik meist vielfältiger und nicht alleine auf die eine Situation begrenzt. Wichtig ist es, herauszufinden, was der Grund der Probleme ist (da hilft die Einschätzung des Hufbearbeiters meist sehr) und wie man diese Probleme lösen kann. An oberster Stelle steht hierbei aber die Sicherheit aller. Denn ein panisches Pferd, was denkt, es müsse um sein Leben kämpfen, wird schnell für sich und seine Umwelt extrem gefährlich.
Der Pferdebesitzer ist für uns das Bindeglied zwischen uns und dem Pferd. Er kennt sein Pferd und kann sowohl dem Pferd, als auch uns das Leben erleichtern und es um einiges ungefährlicher machen, indem er uns darüber in Kenntnis setzt, was für Probleme das Pferd macht und ob es beispielsweise zappelt und flüchten will oder gezielt tritt. Wir sehen das Pferd nur kurz, der Pferdebesitzer hat jeden Tag mit dem Pferd zutun, ist Vertrauensperson & kennt sein Pferd. Er sollte dafür sorgen, dass grundlegende Dinge stimmen, um allen Seiten viel Stress zu ersparen:
- der Platz der Bearbeitung sollte dem Pferd bekannt sein, damit es sich sicher fühlt
- das Pferd gerne vor der Bearbeitung gut bewegen, damit es mental entspannt und körperlich beweglich ist (was gerade bei älteren Pferden einen riesen Unterschied machen kann)
- er sollte mit dem Pferd so geübt haben, dass es überhaupt in der Lage ist, bearbeitet zu werden: es sollte gelernt haben, still zu stehen, sich überall anfassen zu lassen, problemlos die Hufe zu geben & zu entspannen (bei manchen Pferden macht es tatsächlich Sinn, auch mal mit fremden Menschen zu üben)
- er sollte dem Hufbearbeiter eine ehrliche Einschätzung liefern, wo Probleme sind, wie sich das Pferd beim vorherigen Bearbeiter verhalten hat & ob es tritt oder sich lediglich entzieht
- er sollte sich selbst mental soweit auf die Bearbeitung vorbereiten, dass er in der Lage ist, ruhig & entspannt dem Pferd zur Seite zu stehen
Pferde können uns so fein lesen, dass sie sofort mitbekommen, wenn der Pferdebesitzer anders ist als sonst. Diese Anspannung überträgt sich schneller, als sich die meisten bewusst sind, was keine gute Grundvoraussetzung, gerade bei schwierigen Pferden, ist. Dann wird der Pferdebesitzer schnell zum zuständigen Störfaktor, obwohl er, hätte er sich selbst mental gut auf die Situation vorbereitet, für das Pferd eine wahnsinnig gute Stütze sein kann. Am Pferd merkt man häufig schon, wenn der Besitzer am Kopf die Luft abhält oder plötzlich ins Halfter fasst, weil er meint, das Pferd mithalten zu können.
Wann ein Pferd als schwierig gilt, ist vermutlich individuell ganz verschieden und selbst wenn es so ist, ist dies nicht in Stein gemeißelt, denn es heißt nur, was das Pferd die Hufbearbeitung zur Zeit nicht oder nur schwer toleriert. Die Gründe, warum Pferde Abwehrreaktionen zeigen, sind vielfältig:
- Die Einfachste ist, dass das Pferd nie gelernt hat, dass Hufe bearbeiten etwas vollkommen Normales ist. Die Lösung heißt dann: üben, üben, üben
- Hat ein Pferd schlechte Erfahrungen bei der Bearbeitung/dem Beschlag gemacht, heißt es diese mit guten Erfahrungen zu überschreiben, was nicht immer einfach, aber in fast allen Fällen möglich ist. Dabei kann es extrem hilfreich sein, zu wissen, was passiert ist und wovor das Pferd Angst hat. Allerdings bin ich kein Freund davon, alle Reaktionen durch schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit zu rechtfertigen. Denn diese sind nicht in Stein gemeißelt & es macht auch dem Pferd das Leben einfacher, wenn es lernt, mit diesen Erfahrungen umzugehen.
- Das Pferd hat Schmerzen bei bestimmten Bewegungen & versucht diese zu vermeiden. Natürlich sollte Schmerzen auf den Grund gegangen werden & sollten solche Abwehrreaktionen plötzlich auftreten, sollte genau hinterfragt werden, warum dies so ist. Aber auch alten Pferden oder Pferden mit Vorerkrankungen können gewisse Bewegungen unangenehm/schmerzhaft sein.
- Gerade bei jungen, alten & Pferden, die sonst nicht gearbeitet werden, kann es passieren, dass das eigene Körpergefühl schlecht ist & die Konzentrationsspanne kurz. Solchen Pferden hilft es häufig, eine Anlehnung an der Wand zu haben, damit sie nicht das Gefühl haben, umzufallen und zügig zu arbeiten
Wichtig ist, egal aus welchem Grund dem Pferd die Bearbeitung schwer fällt, die Sicherheit aller sollte zu jeder Zeit im Vordergrund stehen. Es hilft niemandem, wenn jemand getreten oder verletzt wird. Ab wann gilt ein Pferd bei euch als schwierig bei der Hufbearbeitung? Wir sind gespannt & stellen ein paar Antworten in die Story, um abzustimmen, was andere dazu sagen. Denn wann schwierig, schwierig ist, ist sehr individuell.
Natürlich ist es ein wünschenswertes Ziel, dass das Pferd bei der Bearbeitung ruhig & entspannt steht und sich sicher ist, dass ihm nichts passiert. Bei einigen Pferden ist es ein Weg bis dorthin. Für uns steht die Sicherheit aller an oberster Stelle. Um das zu gewährleisten, sollte ein Pferd jeder Zeit soweit unter Kontrolle sein, dass es niemanden gefährdet, auch wenn es in manchen Momenten vielleicht Abwehrreaktionen zeigt. Gezieltes Treten, auf den Bearbeiter zuspringen, ernsthaft beißen und hohes Steigen, bei dem das Pferd das Gleichgewicht verlieren kann, sind solche heiklen Momente, über die man sich ernsthaft unterhalten muss, wie man die Gefahr minimieren kann. Aber auch losreißen (egal ob angebunden oder an der Hand) gehören dazu, auch wenn die Gefahr für den Bearbeiter geringer ist, aber ein unkontrolliert rennendes, freilaufendes Pferd wird schnell für sich selbst & seine Umwelt zur Gefahr. Wirklich schwierig wird es bei Pferden, die gelernt haben, dass sie Erfolg haben, wenn sie sich körperlich verteidigen, da sie nicht nur anzeigen, dass sie etwas nicht tolerieren, sondern sich auch wirklich verteidigen. Aber das sind zum Glück nur ganz wenige, die das wirklich tun. Für mich wird den Pferden, die zwar unauffällig sind, aber bei genauerem Hinsehen Stress haben, meist zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Nur weil sie es nicht so deutlich anzeigen, dass sie mit einer Situation Probleme haben, heißt das nicht, dass alles in Ordnung ist. Entweder es wird dann von Bearbeitung zu Bearbeitung besser, oder es baut sich immer mehr Druck auf und der Tag kommt, an dem sie dann doch meinen, sich verteidigen zu müssen. Schätzt man solche Pferde richtig ein, lässt sich dies aber frühzeitig vorbeugen. Bei Pferden, die schlechte Erfahrungen gemacht haben, hilft es zu wissen, was vorgefallen ist, um daran zu arbeiten.
In den meisten Fällen sind Probleme durch üben (das ist NICHT Aufgabe des Hufbearbeiters) & Geduld in den Griff zu bekommen, sowie eine gute Kommunikation & Zusammenarbeit zwischen Bearbeiter und Besitzer. Aber auch der Hufbearbeiter kann einen Großteil dazu betragen, die Situation entspannt zu halten oder erst gar keine Spannungen aufkommen zu lassen. Pferde sind so sensibel, dass sie kleine Unsicherheiten & ein unpassendes Auftreten sofort bemerken und darauf reagieren. Ein souveränes Pferd wird darüberstehen, ein Pferd, dem die Situation sowieso nicht geheuer ist, eher nicht. In bestimmten Fällen können kleine Tricks und Kniffe nicht verkehrt sein: bei einem alten Pferd, was Probleme hat, hilft es ungemein, die Probleme ernst zu nehmen & lieber unterm Pferd zu arbeiten & gefühlt auf dem Boden zu liegen, als eine Abwehrreaktion zu produzieren. Eigentlich bin ich nicht der Fan von Futter bei der Hufbearbeitung, denn im Grunde löst es das Problem nicht. Bei alten Pferden kann es aber extrem hilfreich sein, damit das Pferd von der Erwartungshaltung, dass es weh tun könnte, abgelenkt wird. Junge Pferd lernen meist schnell, dass ihnen nichts Schlimmes passiert, wenn sie Gesellschaft von souveränen Pferden haben, die ebenfalls bearbeitet werden. Das Gleichgewichtsproblem, das viele junge Pferde haben, ist durch üben & an eine Wand stellen, damit sie eine Anlehnung haben, meist schnell erledigt. Im Notfall, finden wir die Nasenbremse als Hilfsmittel zum überbrücken, bis die Ursache behoben ist, legitim und es funktioniert meist gut. Notfall spricht auch gegen eine Sedierung nichts, wobei das wirklich die absolute Ausnahme bleiben sollte. Wir waren sehr erstaunt, dass es in anderen Gegenden scheinbar üblich ist, schnell zu Sedieren & das nicht nur 1x sondern auch bei Folgebearbeitungen. Das sollte aber immer nur das letzte Mittel bleiben & hinterfragt werden, ob die Situation durch Training nicht zu verbessern ist, dass irgendwann ohne Gefahr & ohne Sedation bearbeitet werden kann.
Kommentar schreiben
Ingrid Ullrich (Mittwoch, 31 Januar 2024 09:19)
Hallo Herr Wagner, ich suche einen Schmied, der meinen Pferdesenior beschlägt. Mein Schmied, der als einziger mit ihm klarkam, ist in den Ruhestand gegangen. Nun muss ich mein Pferd stark betäuben, um ihn zu beschlagen. Könnten Sie zum Gut Waldau in Rheinbach kommen? Hier gibt es noch mehr Bedarf für einen guten Schmied. Wir können auch gerne telefonieren. Meine Telefonnummer 0176-84483156.
Herzliche Grüße, Ingrid Ullrich