Wir haben 2 Hufpräparate zuhause, die uns und unseren Kunden in den letzten Jahren gute Dienste geleistet haben und bestimmt auch noch leisten werden. Die Hufe und Beine bis zum Fesselkopf sind so präpariert, dass sie ein festes Ganzes bilden, sich nicht mehr bewegen lassen und weder stinken, noch sich zersetzen. Durch ein Scharnier lassen sie sich aufklappen. Die inneren Strukturen lassen sich an den Präparaten toll zeigen und verstehen, auch wenn man natürlich berücksichtigen muss, dass alles durch die Präparation zusammengeschrumpft ist. Wie solch eine Präparation funktioniert, keine Ahnung, aber es handelt sich dabei um Hufe von Schlachtpferden, die nicht dafür gestorben sind, sondern deren Huf eben weiter verarbeitet wurde.
Hufbeinrotation
Bekannt ist zu dem Krankheitsverlauf des gezeigten Präparates nichts, da wir nur den Huf kennen. Grundsätzlich sieht der Huf aber noch nicht so schlimm aus, dass man sagen würde, das Pferd ist wegen der schlechten Hufsituation getötet worden. Natürlich muss man bei Präparaten immer berücksichtigen, dass alles ein bisschen geschrumpft ist, da kein Wasser im Gewebe mehr vorhanden ist.
Auffallen ist, dass der Winkel der Hufwand (rot) und der Winkel des Hufbeins (blau) nicht mehr parallel zueinander verlaufen, wie es bei einem gesunden Pferd der Fall wäre. Durch die Rehe kam es zu einer Zusammenhangstrennung im Bereich der Zehenwand. Dadurch geht die Stabilität im Hufbeinträger verloren und das Hufbein rotiert. Die Verbindung zwischen Hufwand und Hufbein kann man sich wie einen Klettverschluss vorstellen, der sich durch die Entzündung voneinander gelöst hat. Je mehr dieser "Klettverschluss" geschädigt ist, umso stärker wird der Huf beeinträchtigt. Der Keil, der zwischen Wand (rot) und Hufbein (blau) entstanden ist, ist typisch für eine Hufbeinrotation, da der Körper versucht, das entstandene Loch mit Horn zu füllen.
Hufbeinabsenkung
Bei einer Hufbeinabsenkung verschieben sich Hornkapsel und Hufbein gegeneinander, das Hufbein nähert sich also dem Boden. Dabei ist der gesamte Hufbeinträger betroffen und gibt dem Hufbein keine Stabilität mehr.
Bei einer Rehe kann es zu einer Rotation oder Absenkung kommen oder zu beidem. Vom Gefühl her, sah das Präparat aus, als sei eine leichte Absenkung vorhanden, bei genauerem Hinschauen ist dies aber nicht der Fall, oder wenn nur geringgradig, wobei dies schwer zu sagen ist, da die einzelnen Strukturen bei einem Präparat durch das entzogene Wasser nicht mehr zu 100% an ihrer ursprünglichen Stelle sitzen.
Der Referenzpunkt ist hierfür der processus extensorius. Dies ist der höchste Punkt des Hufbeins, an dem die Strecksehne ansetzt. Dieser liegt bei einem gesunden Pferd knapp über dem Kronrand. Liegt er darunter, ist das Hufbein abgesunken. Die rote Linie zeigt den Kronrand und der Teil des Hufbeins über der roten Linie zeigt den processus extensorius, wobei im Präparat schwer zu unterscheiden ist, was noch Knochen und was schon Sehne ist.
Am Lineal seht ihr, wieviel Sohlendicke noch vorhanden ist. Bei einer Rotation wird die Sohle vor allem unter der Hufbeinspitze dünn, bei einer Absenkung wird die gesamte Sohle dünner, wobei die Hufbeinspitze auch hier der tiefste Punkt ist, der Winkel, mit dem sie auf die Sohle trifft, ist aber flacher.
Das, was man hier am Präparat sehen kann, lässt sich am lebenden Pferd durch Röntgenbilder darstellen und gibt Aufschluss darüber, wie sehr ein Huf krankhaft verändert ist und an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, damit die Situation für das Pferd verbessert wird.
Verbreiterte weiße Linie
Schauen wir uns unser Hufrehepräparat von unten an, fällt auf, dass die weiße Linie vor allem im Zehenbereich verbreitert ist. Dies passt zu der Annahme, dass eine Rotation vorhanden ist und keine oder höchstens eine geringe Absenkung.
Bei einer Hufbeinrotation kommt es zu einer Zusammenhangtrennung des Hufbeinträgers im Zehenbereich, was sich in einer verbreiteten weißen Linie in diesem Bereich zeigt.
Bei einer Absenkung ist der Hufbeinträger des gesamten Hufes betroffen und es kommt zu Zusammenhangtrennungen im gesamten Bereich der weißen Linie.
So zumindest die Theorie. In der Praxis ist eine verbreiterte oder gezerrte weiße Linie immer ein Zeichen dafür, dass etwas mit dem Huf nicht stimmt und mal etwas war, was sich nicht komplett regeneriert hat. Allerdings würden wir nicht so weit gehen, mit diesen Anhaltspunkten Rückschlüsse daraus ziehen zu wollen, wie die aktuelle Lage des Hufbeins ist und was genau mit dem Huf nicht in Ordnung ist. Dafür kommt man um ein Röntgenbild und die Beurteilung durch einen Tierarzt nicht herum. Dass es auch eine Kombination aus Absenkung und Rotation sein kann, macht die Sache nicht einfacher.
Und auch bei Hufen mit schlechten Hufformen und Überlastungen kann es zu einer verbreiterten weißen Linie kommen, ohne dass eine Rehe vorlag. Dies lässt sich meist vom Hufbearbeiter/ -schmied gut von einer Rehe abgrenzen, aber wir möchten es erwähnen, damit ihr keinen Schock bekommt, sollte die weiße Linie eures Pferdes nicht geschlossen sein. Sprecht einfach mal euren Hufbearbeiter/ -schmied an, was er dazu meint.
Trachten hochstellen im Reheschub
Wird bei einem Reheschub eine Rotation vermutet, kann im akuten Stadium der Versuch gestartet werden, die Trachten höher zu stellen, um den Zug, den die tiefe Beugesehne ausübt, zu verringern.
Das Problem, das dabei entsteht, sieht man auf dem Bild ganz gut: werden die Trachten hochgestellt, wird zwar der Zug der tiefen Beugesehne verringert, die Belastung auf die Hufbeinspitze nimmt aber zu, da der Huf im Gesamten steiler steht. In einem Reheschub möchte man zusätzlichen Druck auf die Hufbeinspitze allerdings vermeiden.
Trotzdem gibt es Pferde, die auf das Hochstellen der Trachten sehr positiv reagieren und gleich weniger schmerzhaft auf den Hufen stehen. Es ist wie bei so vielem ein Versuch, der helfen kann, aber nicht muss. Wir überlassen die Entscheidung, ob die Trachten hochgestellt werden oder nicht, dem Tierarzt, der das Pferd betreut.
Hat ein Pferd in eine akuten Reheschub die Möglichkeit, frei zu wählen, wie es seine Hufe platziert, ist dies natürlich optimal. Hierfür eignet sich (feuchter) Sand als Untergrund gut. Gewöhnliche Einstreu ist hierfür nicht oder nur bedingt geeignet, da sie entweder verrutscht oder sich unter dem Gewicht zu sehr verdichtet. Trotzdem ist nicht optimale Einstreu besser, als das Pferd im Schub weit bewegen zu müssen, um es auf Sand stellen zu können.
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